Im Bereich der objektivierten Unternehmensbewertungen ist aufgrund der steigenden Zinsen eine teilweise deutliche Absenkung der Unternehmenswerte festzustellen. Warum das so ist erläutere ich Dir in den kommenden Absätzen.
Die faktischen Gründe
1. Grund:
Im Rahmen einer Unternehmensbewertung nach dem modifizierten Ertragswertverfahren für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) muss neben vielen weiteren Parametern auch der Marktrisikozins erarbeitet werden. Das ist ein Wert, der stets deutlich über der Verzinsung einer risikolosen Anlagemöglichkeit liegt.
Wenn also ein hoher Risikozins aufgrund hoher oder steigender Zinsen angenommen werden muss, so sinkt folgerichtig der Wert eines Unternehmens. Anders gesagt; Ein potenzieller Unternehmenskäufer möchte eine hohe Verzinsung für das Risiko haben, welches er eingeht. Also liegt dieser erwartete Zins stets oberhalb einer regulären Verzinsung, die ein Investor ohne viel Mühe mit anderen Anlagemöglichkeiten erzielen könnte.
Dieser erwartete Zins drückt folgerichtig auf den Wert, den ein Käufer bereit ist, für ein Unternehmen zu bezahlen.
2. Grund:
Sofern ein Käufer Fremdkapital aufnehmen muss, um ein Unternehmen zu kaufen, kostet dieses Geld durch die hohen Zinsen einen deutlich höheren Rückzahlungsbetrag, der auch als Kapitaldienst bezeichnet wird. Der Zeitraum, den es benötigt, bevor ein Käufer sein investiertes Geld zurückerhält, verlängert sich also. Da viele potenzielle Käufer nicht bereit sind, diesen längeren Zeitraum zu akzeptieren, fällt ihr Angebot zur Übernahme eines Unternehmens geringer aus.
Der emotionale Grund
3. Grund:
Ein erhöhtes Zinsniveau geht oft einher mit einer erhöhten Inflation, also der bekannten Geldentwertung. Normalerweise müsste man unterstellen, dass dies die Preise für Firmen in die Höhe treiben müsste, um einen Ausgleich zur Inflation darzustellen. Häufig ist das Gegenteil der Fall.
In wirtschaftlich herausfordernden Zeiten mit steigenden Preisen, knappen Arbeitskräften und einer unsicheren Gesamtlage sinkt die Zahl der Menschen, die überhaupt den Schritt in die Selbständigkeit gehen möchten. Auf der anderen Seite sorgen die selben Gründe dafür, dass langjährige Unternehmer ihren Betrieb schneller abgeben oder schnell loswerden wollen.
Beide Wahrnehmungen und Ängste sorgen also auf Verkäuferseite für eine erhöhte Verhandlungsbereitschaft und auf Käuferseite zu einer insgesamt starken Verhandlungsposition mit niedrigen Angeboten.
Das Phänomen, dass Menschen in unsicheren Zeiten einen "sicheren Hafen" suchen, ist übrigens weder neu noch überraschend. Die Quote der Selbständigen und Unternehmer reduziert sich, bis das Vertrauen in die Märkte wieder zunimmt oder der Schritt in die Selbständigkeit wieder lukrativ erscheint.
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